Umstrukturierung

Der Wettbewerb hält nicht vor den Unitoren

Nicht losgelöst, sondern eingebettet in einen österreichischen und internationalen Kontext können die aktuellen Umstrukturierungs- und Entwicklungsvorhaben des Rektorates an der Paris Lodron Universität Salzburg gesehen werden. Der Versuch einer Analyse. 

Text: Manuel Gruber

An der Paris Lodron Universität Salzburg wird bereits seit mehreren Monaten intensiv über die Struktur und die weitere Entwicklung der Hochschule diskutiert. Von mehreren Akteur*innen wurde dabei immer wieder Kritik an den Plänen des Rektorates geäußert, ein zentrales Argument dagegen bildete für das Rektorat die schlechte Finanzlage. Vizerektor für Lehre und Studium Martin Weichbold meinte Anfang Oktober gegenüber der Salzburg Krone dazu: „Es geht primär darum, wie wir unsere Strukturen inhaltlich für die Zukunft gut aufstellen. Erst dann geht es um budgetäre Entscheidungen.“

Eine budgetäre Entscheidung, die das Rektorat bereits getroffen hat und entsprechend auf Kritik bei den Universitätsangehörigen stieß, war die Streichung von Studienassistenzen und Tutor*innen. Nun geht bei Lehrenden und Studierenden die Sorge um, dass im Zuge der Umstrukturierung auch an anderen Stellen gespart wird – etwa bei Professuren in den Bereichen Romanistik und Latinistik, für deren Erhalt Studierendenvertreter*innen zu Redaktionsschluss bereits mehr als 6.500 Unterschriften gesammelt haben. Es stellt sich die Frage, wie diese skizzierte Situation an der Paris Lodron Universität Salzburg in ein gesamtösterreichisches und gesamteuropäisches Bild eingefügt werden kann. 

VIEL GELD FÜR DIE UNIVERSITÄTEN – ODER DOCH NICHT?

Der erste Blick dazu geht nach Wien. Mitte November hat der österreichische Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Heinz Faßmann im österreichischen Nationalrat im Rahmen der Budgetdebatten für das kommende Jahr auch das Budgetkapitel Wissenschaft und Forschung vorgestellt. Demnach sollen Universitäten und Hochschulen, Studienförderung sowie Forschungs- und Forschungsfördereinrichtungen rund 5,26 Milliarden Euro an Auszahlungen erhalten. Gegenüber 2020 ist das laut Angaben des Parlamentskorrespondenzdienstes ein Anstieg um 233,9 Millionen Euro bzw. 4,7 Prozent. Für den Zeitraum 2022 bis 2024 hat der Bundesminister bereits im Oktober ebenfalls ein Plus angekündigt: So sind für die Universitäten rund 12,3 Milliarden Euro für die Jahre 2022 bis 2024 eingeplant. Das wäre ein Plus von 1,2 Milliarden im Vergleich zu den Jahren 2019 bis 2021.

Doch bedeutet dies nicht automatisch, dass die einzelnen Universitäten damit ebenfalls prozentuell mehr Geld bekommen. Denn für die Periode 2022 bis 2024 soll das fortgeschrieben werden, was bereits in der aktuellen Leistungsvereinbarungsperiode zwischen den Universitäten und dem Wissenschaftsministerium galt, die sogenannte Studienplatzfinanzierung. Das bedeutet: Das Budget, das die einzelnen Universitäten aus dem aufgestockten Budgettopf bekommen, ergibt sich auf Basis der drei Budgetsäulen Lehre, Forschung sowie Infrastruktur und strategische Entwicklung. Wesentlich für die Finanzierung der heimischen Hochschulen ist aus der Budgetsäule Lehre die Anzahl an prüfungsaktiv betriebenen Studien, die je nach Art des Studiums mit einem bestimmten Faktor multipliziert werden und sich so ein präziser Geldbetrag ergibt. Das sind in etwa zwischen 10.000 und 18.000 Euro pro Studium, in dem 16 ECTS pro Studienjahr erreicht werden. 

Für prüfungsaktive Studien im Bereich der Naturwissenschaften wird mehr Geld vom Staat ausbezahlt, bei den sogenannten Geistes- und Buchwissenschaften der geringste Betrag. Dementsprechend gibt es für eine technische Universität etwa bei gleicher Anzahl an prüfungsaktiven Studien mehr als für Volluniversitäten wie die Universitäten Wien, Graz, Salzburg und Innsbruck, an denen es auch andere Studienangebote gibt. Kaum verwunderlich, dass die Hochschulen in einem gegenseitigen Wettbewerb stehen, der sich in dem Versuch äußert, möglichst viele einer – wenn auch grundsätzlich in den letzten Jahren gestiegenen Zahl an Studierenden – limitierten Studierendenzahl an die eigene Institution zu binden, die dort dann die notwendige Prüfungsaktivität erbringen soll.

Wenn neue Mitbewerber*innen mitessen, dann wird die Konkurrenz größer und das eigene Kuchenstück kleiner – auch was die Finanzierung angeht.

EIN NEUER PLAYER AM MARKT SOLL ENTSTEHEN

Entsprechend für Erschütterung in der österreichischen Hochschullandschaft hat am Ende des Sommers auch die Ankündigung der Bundesregierung gesorgt, in Oberösterreich neben Graz und Wien eine neue Technische Universität (TU) einzurichten. Denn es ist klar: Der Kuchen ist begrenzt. Wenn neue Mitbewerber*innen mitessen, dann wird die Konkurrenz größer und das eigene Kuchenstück kleiner – auch was die Finanzierung angeht. So sagte die Präsidentin der österreichischen Universitätenkonferenz (uniko) Sabine Seidler in einer ersten Stellungnahme: „Die Realisierung in dieser Legislaturperiode bedeutet, dass die TU Linz im Prinzip im neuen Universitätsbudget mitgedacht werden muss, das bis 31. Oktober fixiert sein muss.“ Positiver sieht hingegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die neue TU: „Diese neue Universität soll einen klaren Fokus auf die Digitalisierung legen und natürlich gut mit den bestehenden Technischen Hochschulen in Österreich zusammenarbeiten.“ 

Dabei konkurrieren Österreichs Universitäten aber längst nicht mehr nur auf nationaler Ebene um Studierende, sondern auch auf europäischer und internationaler Ebene. Die Grundlage hierfür bildet insbesondere der sogenannte Europäische Hochschulraum, dem in Folge des Bologna-Prozesses immer mehr Staaten weltweit beigetreten sind und in dem die Umsetzung der Bologna-Studienarchitektur mit Bachelor-, Master- und PhD-Abschlüssen bis 2030 weiter vorangetrieben werden soll, wie die Wissenschaftsminister*innen der Bologna-Staaten bei der Online-Bologna-Konferenz im November 2020 erklärten. Dadurch ist klar: Ob etwa Biologie an einer Universität in Wien, Madrid oder Oslo studiert wird, bleibt letztlich die Wahl des*der Studierenden. Der Wettbewerb steigt schlussendlich auf internationaler Ebene, denn wesentlich für die österreichischen Hochschulen ist, wie eben ausgeführt, möglichst viele prüfungsaktive Studierende an die heimischen Universitäten zu ziehen. 

WAS BEDEUTET DAS FÜR DIE PLUS?

Der Weg vieler Universitäten ist klar: Eine stärkere Ausrichtung des eigenen Studienangebotes an den internationalen Markt wird fokussiert. So soll etwa der Anteil an englischsprachigen Lehrveranstaltungen, Studienabschnitten, kompletten Studien und auch ganzer Fakultäten erhöht und beispielsweise auch stark auf englischsprachige Schlagwörter gesetzt werden. Diese Entwicklung zeigt sich ebenso in den Struktur- und Entwicklungsplänen, die vom Rektorat der Paris Lodron Universität Salzburg Mitte November veröffentlicht wurden. Vor dem Hintergrund der universitäreren Finanzierung und der bundespolitischen Hochschulpolitik kann eine mögliche Erklärung für den Fokus in den Struktur- und Entwicklungsplänen des Rektorats für die PLUS auf den Bereich der Naturwissenschaften und der Digitalisierung gesehen werden.

Gibt es eine hohe Anzahl an prüfungsaktiven Studien in diesen Bereichen, so kann mehr Geld in Wien abgeholt werden, als wenn im Bereich der Geisteswissenschaften ein solcher Fokus in der weiteren Entwicklung gesetzt werden würde. Gleichzeitig scheint der Blick auf diesen naturwissenschaftlichen Bereich nicht nur auf bundespolitischer Ebene sehr gefordert und gefördert zu sein. Salzburgs Wissenschaftslandesrätin Andrea Klambauer (Neos) sagte in einer Aussendung des Landes Salzburg: „Mit der strategischen Neuausrichtung und Gründung der Fakultät für Digitalisierung zeigt die PLUS, dass sich Lehre und Forschung weiterentwickeln können.“ So erhofft man sich wohl auch an der Salzburger Hochschule, dass man mit der Einrichtung der neuen Fakultät am Budget, das von politischer Seite für die Digitalisierung zur Verfügung gestellt wird, „mitnaschen“ kann.

Titelbild: Shutterstock / Andrea Schernthaner
Dieser Artikel ist im PUNKT. 02/20 erschienen.